Haidnische Alterthümer
Arno Schmidt widmete viele seiner Rundfunk-Dialoge den seiner Meinung nach zu Unrecht »vergessenen Kollegen«, wobei er meist ein Werk besonders herausgriff, dessen Neuauflage empfahl. 1978 nahm der Verlag Zweitausendeins Schmidts Anregungen auf und startete die von Hans-Michael Bock herausgegebene Reihe ›Haidnische Alterthümer. Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts‹. Hier erschienen bis 2008 in lockerer Folge sorgfältig gestaltete Neuauflagen von Titeln, die entweder von Schmidt empfohlen wurden oder für sein Werk von Bedeutung sind.
Jeder Band wurde von einem Experten auf dem jeweiligen Themengebiet verantwortet und mit einem meist sehr umfangreichen Nachwort und Materialien versehen. Schmidt besaß aus der Reihe die ersten drei Bände: Jules Vernes ›Die Schule der Robinsons‹ (BVZ 655.27), Johann Karl Wezels ›Belphegor‹ (BVZ 372.1) und Wilhelm Friedrich von Meyerns ›Dya-Na-Sore‹ (BVZ 264.1).
Insgesamt erschienen folgende Bände:
- Jules Verne, ›Die Schule der Robinsons‹ (1978)
- Johann Karl Wezel, ›Belphegor oder Die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne‹ (1978)
- Wilhelm Friedrich von Meyern, ›Dya-Na-Sore, oder Die Wanderer‹ (1979)
- Ludwig Tieck, ›Die Vogelscheuche‹ (1979)
- Christian von Massenbach, ›Historische Denkwürdigkeiten‹ (1979)
- Kurd Laßwitz, ›Auf zwei Planeten‹ (1979)
- Friedrich de la Motte Fouqué, ›Die wunderbaren Begebenheiten des Grafen Alethes von Lindenstein‹ (1980)
- Carl Grosse, ›Der Genius‹ (1982)
- Heinrich Albert Oppermann, ›Hundert Jahre 1770–1870‹ (3 Bde., 1982)
- Leopold Schefer, ›Der Waldbrand. Gesammelte Erzählungen‹
- Friedrich Christian Laukhard, ›Leben und Schicksale‹ (3 Bde, 1987)
- Johann Gottfried Schnabel, ›Insel Felsenburg›, (3 Bde., 1997)
- Karl Ferdinand Gutzkow, ›Die Ritter vom Geiste‹ (4 Bde., 1998)
- Karl Ferdinand Gutzkow, ›Schriften‹ (3 Bde., 1998)
- Meriwether Lewis, William Clark, ›Tagebuch der ersten Expedition zu den Quellen des Missouri‹ (2003)
- August Lafontaine, ›Quinctius Heymeran von Flaming‹ (2 Bde., 2008)
In seinem letzten, Fragment gebliebenen Roman ›Julia, oder die Gemälde‹ lobt er die »verdienstvolle Reihe, die von 2001« (BA IV, 4, S. 78) und empfiehlt einen weiteren Band:
EUGEN SUE, ›Die Geheimnisse des Volkes‹ – (wogegen die von Paris ein Kinderspiel sind) – deutsche Übersetzung von Zoller, circa 1855: das müßte 2001 mal druck’n; da würden Köpfe rollen!
Übrigens: Auch wenn Schmidt die Reihe als »verdienstvoll« bezeichnete – von den Nachworten hielt er gar nichts. Am 31. Januar 1979 schickte Schmidt »die (hoffentlich nun allerletzten!) Korrekturen« von ›Portrait einer Klasse‹ an Ernst Krawehl und schreibt dazu:
Der Passus über die ›Dissertationen‹ sollte durchaus abwertend wirken: was bilden sich diese Kerle, die German- und sonstigen
-isten denn eigentlich ein? Diesen pseudowissenschaftlichen Schwätzern – ich seh’s grade wieder in großem Stil an den dürren und steif=geschwätzigen ›Nachworten‹ der 2001=Serie! – ist immer wieder zu bedeuten, daß sie von Literatur und wie es im Gehirn selbst eines kleineren Poeten zu schalten pflegt keine Ahnung haben! […] Also diesen Akademikern kann man seine Verachtung gar nicht oft & deutlich genug bezeigen!Postauto, S. 271