Dritte Wurzel aus P
Am 20. April 1970 erschien im ›Spiegel‹ mit ›Apropos: Ah!: pro=Poe‹ ein Artikel von Gunar Ortlepp über ›Zettel’s Traum‹. Für diesen Artikel führte Ortlepp am 10. April ein längeres Interview mit Arno Schmidt, das vollständig in Sup 2, S. 73–130 nachgelesen werden kann. Ortlepp zitiert daraus Schmidts Antwort auf die Frage, wer ›Zettel’s Traum‹ lesen soll:
[…] Und was meine Leser betrifft, da hat sich mir ein sehr schöner Erfahrungssatz ergeben: Die eigentlichen Kulturträger in einer Nation oder in einer jeden größeren Ansammlung von Menschen – und unter Kulturträger verstehe ich diejenigen, die sich nun wirklich fleißig, mit viel Ausdauer, viel Kosten, viel Mühe und Feinempfinden in die Kunstwerke vertiefen, die die Menschheit besitzt –, die Zahl dieser Kulturträger erhalten Sie, wenn Sie die dritte Wurzel aus P ziehen, wobei P für Population oder Bevölkerung steht. Das sind bei 60 Millionen Einwohnern in Westdeutschland etwa 390. […] Wenn Sie jetzt die eigentlichen Kulturerzeuger von mir wissen wollen, dann müssen Sie aus diesen 390 noch mal die dritte Wurzel ziehen.ÜAS, S. 189
Die Formel »Dritte Wurzel aus P« sorgte bei den Lesern des ›Spiegel‹ – und nicht nur bei ihnen – für einige Empörung.
Schmidt hat seine Formel für Kulturträger/-erzeuger dann in die ›Schule der Atheisten‹ eingebaut, wo er William T. Kolderup denken lässt:
So hattn Wir runde 20.000 StimmBerechtichde; die ihrerseits ›6 Beisitzer‹ wähltn; (im strengstn Sinne des Wortes: die durftn, etwa bei der Hälfte Uns’rer Beratungn, ›dabei sitzn‹.) (Und daß es keine ›Gewerkschaftn‹ mehr gab, welche Erlösunc allein dàs! Nein: unvergleichliche Regel dieses ›3. bzw. 9. Wurzel aus P‹!).BA IV, 2, S. 17; vgl. auch ebd. S. 69
Zuletzt geändert: 20.10.2020